Der Mensch und die Natur
Darum tut sie uns so gut

Wunderapotheke Natur

Autor
Peggy Schmottlach

Düfte, Farben und Lichter

Das Erleben in der Natur, ihre Düfte, Farben und Lichter haben vielfältige gesundheitsfördernde Wirkungen auf Körper und Psyche.

Ob der nah gelegene Wald oder See, das Meer oder die Berge: Wer seine Spazier- oder Wanderschuhe schnürt, bekommt schon in kürzester Zeit neben einer Flut von Glückshormonen noch eine Extra-Portion gesundheitswirksamer Substanzen serviert, die jede Multivitamintablette in den Schatten stellen.

Der Wald

Der Boden federt, die vielen Grüntöne schmeicheln dem Auge und die Luft riecht moosig, erdig, würzig und frisch…

Sorgen und Stress scheinen plötzlich verflogen. Viele Menschen ahnen instinktiv, dass ihnen ein Waldspaziergang in hektischen Lebensphasen körperlich und seelisch gut tut. Und damit liegen sie richtig: Wissenschaftler haben einige, teilweise verblüffende, Heilmechanismen identifiziert.

  • Heilpaket: Der Wald liefert ein Komplettprogramm aus Bio-Antidepressiva, Natur-Valium, Öko-Blutdrucksenkern, antimikrobiellen Molekülen und Energieverstärkern. Schon der Rundumblick ins Grün mit seinen verschiedenen Nuancen erzeugt gute Stimmung und Optimismus. Eine chinesisch-koreanische Studie belegt, dass auch die Leistungsfähigkeit beim Sport im Grünen steigt, nicht aber in einer andersfarbigen Umgebung.
  • Stressabbau: Seit das japanische Landwirtschaftsministerium vor Jahrzehnten das „Waldbaden“ zum Gesundheitstrend erklärt hat, haben sich weltweit etliche Studien mit den Effekten auf den Körper befasst. Nachgewiesen für den Aufenthalt in Wäldern wurden eine deutliche Senkung des Blutdrucks, eine Verringerung von Stresshormonen (wie Cortisol und Adrenalin), die Verbesserung von Angstzuständen und Depressionen sowie die Gewinnung neuer Vitalität.
  • Keimkiller: In seinem Duft mag das größte Gesundheitsgeheimnis des Waldes liegen. Forscher fanden heraus, dass das typische erdig-moosige Aroma auf gasförmige Stoffe zurückgeht, die von pilzähnlichen Bodenbakterien produziert werden. Das ist deshalb bemerkenswert, da Streptomyces-Arten heute die wichtigsten antimikrobiellen Wirkstoffe der Medizin liefern (zum Beispiel Tetracyclin, Rifampicin, das Anti-Pilz-Mittel Amphotericin B).
  • Abwehrkraft: Zu alledem werden weitere „Phytonzide“ inhaliert. Das sind Aerosole mit chemischen Substanzen wie Terpenen, mit denen sich Bäume und Pflanzen vor Schädlingen schützen. Diese Inhalationstherapie erhöht im Körper die Produktion sogenannter natürlicher Killerzellen (NK), die unter anderem krebs- und virusbefallene Zellen zerstören. Schon ein dreitätiger Aufenthalt in einer Waldregion führte laut einer japanischen Studio dazu, dass die Aktivität dieser NK-Zellen stieg und mehr als 30 Tage lang erhöht blieb.
  • Guter Rat: Wer oft gestresst ist und einen (zu) hohen Blutdruck hat, sollte zwei bis dreimal pro Woche ins Grüne gehen. Im Vergleich zu einer städtischen Umgebung können Wandern, Walken oder Joggen im Wald den Blutdruck deutlicher senken, besagt eine japanische Studienauswertung. Gut zu wissen: Das gilt sogar dann, wenn man nur auf einer Bank sitzt und den Blick ins Grüne schweifen lässt.

Das Meer

Bis zum Horizont ins Blaue schauen, der Bewegung der Wellen folgen und dabei die frische, saubere und salzige Luft tief einatmen…

Jeder Gestresste merkt im Urlaub am Meer schnell, wie die Alltagshektik abfällt, wie sich Gelassenheit einstellt, Sorgen nicht mehr groß erscheinen und verspannte Muskeln sich lockern. Asthmatiker atmen wieder durch, Couch Potatoes verspüren Lust auf Bewegung.

  • Heilpaket: Der Mix aus Salzwasser und -luft, frischer Brise sowie recht starker UV-Strahlung erzeugt ein therapeutisches Reizklima, das den Kreislauf stärkt und die Durchblutung fördert. Die salzhaltige Luft reinigt die Atemwege und wirkt entzündungshemmend, auch bei Hauterkrankungen wie Neurodermitis. Mineralien, wie Jod, feuern Stoffwechsel und Energieproduktion an, verbessern die Laune und unterstützen den Fettabbau. Brom und Magnesium entspannen und entkrampfen. 
  • Reinigung: Was dran ist am Heileffekt der Aerosole, haben bereits mehrere Studien mit Lungenkranken untersucht. So zeigte etwa eine australische Langzeituntersuchung (48 Wochen) mit Mukoviszidose-Patienten, dass die salzhaltige Luft chronisch entzündete Atemwege reinigen und den Antibiotika-Bedarf deutlich senken kann. Eine weitere australische Studie ergab, dass das Inhalieren von Sole die Lungenfunktion verbessert, Hustenanfälle reduziert und Druck auf die Nebenhöhlen mildert.
  • Guter Rat: Lange Spaziergänge direkt am Meeressaum sind vor allem für Menschen mit Schilddrüsenunterfunktion und Lungenkranke heilsam: Hier enthält ein Kubikmeter Meeresluft bis zu ein Milligramm Salz sowie weitere Mineralien und Spurenelemente. Der Salzanteil ist umso höher, je salzhaltiger das Meer ist: Die Nordsee kann mit rund 34 Gramm Salz je Liter punkten, die Ostsee bringt es auf weniger als 20 Gramm.

Die Berge

Sattgrüne Almen, sanft wogende Hügel, schroffe Schluchten mit tosenden Wasserfällen, eine würzige Luft wie aus dem Kräuter-Aroma-Diffuser und in größeren Höhen karge Felsen, Flechten und Moose. Dazu diese einmalige Stille - kein Handygeklingel, kein Straßenlärm, kein Gehupe. Wen es in die Berge zieht, der will abschalten und auftanken. Aber die Naturapotheke der Gebirge bietet noch einiges mehr.

  • Heilpaket: Wasserfälle in Gebirgsschluchten bilden Nano-Aerosole, die besonders tief in die Lunge gelangen und Studien zufolge Entzündungen in den Atemwegen von Asthmatikern deutlich lindern können. Ab einer Höhe von 700 m verströmen Nadelbäume ihre Terpene. Diese Moleküle erzeugen den typischen Kiefernharzgeruch: Er kann laut Studien Depressionen und stressbedingte Beschwerden reduzieren. Unebene Wege mit leichter bis starker Steigung trainieren den Gleichgewichtssinn und die Gelenke, die Knorpelversorgung mit Nährstoffen verbessert sich. Lunge, Herz und Kreislauf werden gestärkt, weil die Sauerstoffaufnahme erhöht ist. Und Allergiker können durchatmen: Ab 1.500 m Höhe gibt es keine Milben mehr und die allgemeine Pollenbelastung ist gegenüber dem Flachland um fünf Sechstel verringert.
  • Hochleistung: In Hochlagen ab 2.000 m wird die Luft sauerstoffärmer und der Luftdruck sinkt. Der Körper muss die Blutbildung verstärken, um den Sauerstofftransport im Organismus zu sichern. Laut Studien senkt diese Anstrengung die Gefahr, an Durchblutungsstörungen der Herzgefäße, also einem Infarkt, zu sterben. Zugleich steigt die Leistungsfähigkeit. Profisportler absolvieren deshalb regelmäßig ein Höhentraining.
    Wichtig: Menschen mit chronischer Herzschwäche sollten besser nicht auf über 2.000 Meter aufsteigen.

  • Guter Rat: Deutsche Alpen-Kurorte, die in über 900 m Höhe liegen, finden sich zum Beispiel in der Region Berchtesgaden | Königssee in fünf Gemeinden rund um den Watzmann. Bergkurorte in 400 bis 800 Meter Höhe sind u.a. Sankt Andreasberg (Harz), Sankt Blasien (Schwarzwald) oder Elgersburg (Thüringen).
  • Die Natur ist die beste Apotheke!
    - Sebastian Kneipp -